Großer Geist, bewahre mich davor,
über einen Menschen zu urteilen, ehe ich nicht einen halben Mond lang in seinen Mokassins gegangen bin
(indianisches Sprichwort)
Es schmerzt und trifft uns ganz tief, wenn ein Kind von uns geht. Egal in welchem Alter und egal, ob es noch ein ungeborenes Kind war. Frauen, die ihr Kind verlieren, sind Mütter, deren Kinder man nicht sehen kann. Aber diese Kinder sind dennoch Teil ihres Lebens, sie werden in den Herzen der Mütter und Väter getragen, in ihren Gedanken und begleiten sie unsichtbar. Niemand sonst kann sie sehen. Aber Sie, wenn Sie solch eine Mutter sind, können es mit Ihrem Herzen.
Ich möchte einen kurzen Dialog mit meiner kleinen Tochter wiedergeben:
Ich: "Der Papa und ich haben geheiratet, da warst du
schon in meinem Bauch. Und ein paar Monate nach der
Hochzeit bist du auf die Welt gekommen."
Meine Tochter: "Aber Mama, das stimmt doch gar nicht!
Als ich in deinem Bauch war, war ich doch auch schon auf
der Welt. Du konntest mich nur noch nicht sehen, weil ich
in deinem Bauch war. Aber auf der Welt war ich schon!"
Wie Recht sie hat. Und es ist klar: ich war bereits voll und ganz Mama - lange vor der Niederkunft.
Wie schlimm der Tod eines Kindes für eine Mutter ist, weiß nur die Mutter, die durch dieses Tal geht.
Und wie schmerzhaft muss der Verlust sein, wenn die Mutter - aus welchen Gründen auch immer - dieses Kind abtreiben musste. Das Thema "Schwangerschaftsabbruch" ist ein vielschichtiges, wichtiges und sehr emotionales Thema. Es ist erstaunlich, wie viele Menschen in dieser Sache eine oft unerschütterliche Meinung haben und oft vernichtende Urteile über die Entscheidungen anderer fällen, ohne dabei die Umstände der Betroffenen zu kennen, deren inneres Erleben, Ängste, Zwänge und Nöte.
"Jede Frau ist gegen einen Schwangerschaftsabbruch - bis sie selbst einen braucht."
Wenn es um den Abbruch einer Schwangerschaft geht, wird ganz drastisch deutlich: es gibt nicht nur Schwarz-Weiß, Gut-Böse, Richtig-Falsch.
Doch was macht das mit der Mutter? Was hat es mit Ihnen gemacht? Wie geht es dieser Mutter kurz vor dem Eingriff und danach und wie nach mehreren Jahren? Und was sagt Ihr Umfeld dazu? Ihr Partner, Ihre Familie? Oder sind Sie gar in der Situation, dass es niemand erfahren darf und Sie das Unausprechliche ganz mit sich alleine ausmachen müssen? Frauen, die einen Abbruch einer Schwangerschaft durchlebt haben, müssen oft eine unglaubliche Diskrepanz der Gefühle aushalten: den Schmerz über den Verlust des Kindes und die Erleichterung über die Möglichkeit, eine Wahl zu haben.
Durch welchen Umstand auch immer Sie Ihr Kind verloren haben:
Ich lade Sie von Herzen dazu ein, in Kontakt mit Ihrem Schmerz zu gehen, Ihrer Trauer, Ihrer Wut, Verzweiflung, Ihren möglichen Gefühlen der Erleichterung - eben dem ganzen Spektrum der Gefühle - und dem Kind selbst.
Ich lade Sie von Herzen dazu ein, Heilung zuzulassen.